„Aus fachlicher Sicht sind nur noch wenige Gebiete in Bayern für die Ausweisung neuer Nationalparke erreichbar, so sollten sie mindestens 10000 Hektar umfassen, ausschließlich in Staatsbesitz sein, keine großflächigen pflegebedürftigen Wiesen und Heiden umfassen, nicht von größeren Verkehrsachsen zerschnitten werden und möglichst naturnahe Wälder beinhalten. Daher kommen aus fachlicher Sicht für weitere zusätzliche Nationalparke zurzeit der Spessart, der Steigerwald, das Ammergebirge und möglicherweise Teile der Rhön in Frage. „

Claus Obermeier, Vorstand der Gregor Louisoder Umweltstiftung

Das Ammergebirge soll ein Nationalpark werden,

  • weil diese 230 km² große geschlossene Fläche kaum besiedelt oder von Straßen durchschnitten und bis auf den Eibsee komplett in Staatsbesitz ist
  • weil hier der größte zusammenhängende Karbonat-Bergmischwald in Deutschland zu finden ist; mit einem Anteil von 13 Teilen Bergmischwald zu einem Teil Bergfichtenwald
  • weil Bayern so dem in der Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung formulierten Ziel näher käme, 5 % Wald aus der Nutzung zu nehmen („2020 beträgt der Flächenanteil der Wälder mit natürlicher Waldentwicklung fünf Prozent der Waldfläche“)
  • weil nur der Schutz durch eine Nationalparkverordnung die alten Wälder vor forstlicher Nutzung sicher bewahren und die Lichtweideflächen für die Zukunft erhalten kann
  • weil immer mehr Menschen unberührte, wilde Natur zu schätzen wissen und ein Nationalpark den Bildungsauftrag hat, genau dieses Erlebnis zu vermitteln

 

Allgemeines Leitbild für Nationalparks in Deutschland

angenommen von der Mitgliederversammlung von EUROPARC Deutschland im März 2002

Nationalparks: Natur Natur sein lassen

Nationalparks sind Landschaften, in denen Natur Natur bleiben darf. Sie schützen Naturlandschaften, indem sie die Eigengesetzlichkeit der Natur bewahren und Rückzugsgebiete für wildlebende Pflanzen und Tiere schaffen. Damit schaffen die Nationalparks einmalige Erlebnisräume von Natur und sichern notwendige Erfahrungsräume für Umweltbildung und Forschung. Deshalb sind sie unverzichtbar für die biologische Vielfalt und den Artenreichtum unserer Erde. Gleichzeitig erhöhen die Nationalparks die Attraktivität ihrer Region und tragen mit zu ihrer wirtschaftlichen Entwicklung bei.

Bewahrung der eigengesetzlichen Natur

Nationalparks sind Landschaften, in denen sich die Natur nach ihren eigenen Gesetzen entwickeln kann. Sie lassen Raum für natürliche Entwicklungsprozesse und für die Selbstregulierung der Natur. Dies schließt ihre wirtschaftliche Nutzung und ihre Regulierung durch menschliche Eingriffe weitgehend aus. Nationalparks schaffen Rückzugsräume für wildlebende Pflanzen und Tiere, die sonst nur noch geringe Überlebenschancen haben. Damit schützen die Nationalparks Lebensräume in der Natur, in denen sich unsere biologische Vielfalt und der vorhandene Reichtum an Arten weiter entfalten kann.

Einblicke in die Werkstatt Natur

Die Nationalparks ermöglichen einen Einblick in eine nahezu unberührte Natur, die in ihrem Eigenleben nicht gestört ist. Für alle diejenigen, die diesen ständigen Kreislauf von Werden und Vergehen respektieren, vermitteln die Nationalparks einmalige Einblicke in die Werkstatt Natur. Wer die Eigenart und die Schönheit der Natur unmittelbar erleben möchte und Orte der stillen Erholung sucht, ist in den Nationalparks herzlich willkommen. Die Nationalparks geben Anschauungsbeispiele für eine ganzheitliche Naturerfahrung, die Wissen und Emotionen miteinander verknüpft. Damit sind sie unverzichtbar für eine Umweltbildung, die beispielhaftes Erleben mit dem Wissen über die natürlichen Zusammenhänge verbindet.

Von der Natur lernen

Die Nationalparks bilden einmalige Erfahrungsräume für wissenschaftliche Beobachtung und Erforschung. Sie helfen, die Eigengesetzlichkeit der Natur zu verstehen und vermitteln wertvolles Wissen über den schonenden Umgang mit der Natur. Damit ermöglichen sie Lernerfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse, die sich auch auf andere Bereiche übertragen lassen.

Naturschutz als regionaler Entwicklungsfaktor

Nationalparks sind zu einem wichtigen Faktor regionaler Entwicklung geworden. Sie prägen das Erscheinungsbild einer Region und tragen mit dazu bei, das Image einer Region zu stärken. Damit fördern sie einen naturverbundenen Tourismus und erhöhen die Nachfrage nach regionalen Angeboten. Durch die Einbeziehung der regionalen Bewohner bei Planungen und Maßnahmen werden die Voraussetzungen geschaffen, dass sich die Menschen vor Ort mit ihrem Nationalpark identifizieren.

Nationalpark heißt: Naturschutz mit den Menschen im gemeinsamen Interesse von Mensch und Natur.

Quelle: http://www.nationalpark-jasmund.de/index.php?article_id=9

 

Nationalpark (NLP): Gesetzliche Grundlagen

Im neuen Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) vom 29. Juli 2009, in Bayern in Kraft seit dem 01.03.2010, sind im § 24 die gesetzlichen Grundlagen für Nationalparke (und Nationale Naturmonumente) festgelegt.

§ 24

Nationalparke: Abs. 1 mit 3; Abs. 4 (Nationale Naturmonumente) ist hier weggelassen.

(1) Nationalparke sind rechtsverbindlich festgesetzte einheitlich zu schützende Gebiete, die

1. großräumig, weitgehend unzerschnitten und von besonderer Eigenart sind,

2. in einem überwiegenden Teil ihres Gebietes die Voraussetzungen eines Naturschutzgebiets erfüllen und

3. sich in einem überwiegenden Teil ihres Gebietes in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zustand befinden oder geeignet sind, sich in einen Zustand zu entwickeln oder in einen Zustand entwickelt zu werden, der einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik gewährleistet.

(2) Nationalparke haben zum Ziel, in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets den möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik zu gewährleisten. Soweit es der Schutzzweck erlaubt, sollen Nationalparke auch der wissenschaftlichen Umweltbeobachtung, der naturkundlichen Bildung und dem Naturerlebnis der Bevölkerung dienen.

(3) Nationalparke sind unter Berücksichtigung ihres besonderen Schutzzwecks sowie der durch die Großräumigkeit und Besiedlung gebotenen Ausnahmen wie Naturschutzgebiete zu schützen.

In Bayern gilt darüber hinaus (Art. 13 BayNatSchG vom 24. April 2015) eine Mindestfläche von 10.000 ha (diese Rechtsverordnung wird gemäß Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG von der bayerischen Staatsregierung und gemäß § 22 Abs. 5 BNatSchG im Benehmen mit dem Bundesumweltministerium und dem Bundesverkehrs- und -bauministerium erlassen.

 

Nun ein paar Anmerkungen zum Gesetzestext (§ 24):

• „überwiegender Teil“ (1) 2. und 3. : Damit sind mindestens 51 % der Fläche gemeint.

• „Voraussetzungen eines Naturschutzgebietes“ (1) 2. : Diese sind im § 23 BNatSchG festgelegt. Gemeint sind damit Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich ist
1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
2. aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder
3. wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit.

• „gebotene Ausnahmen“ (3) : Aufgrund der Großflächigkeit eines Nationalparks kann in ihm auch Infrastruktur wie Straßen oder Gebäudekomplexe (z.B. die Königsschlösser Neuschwanstein und Linderhof) enthalten sein.

• (2): „ungestörter Ablauf der Naturvorgänge …naturkundliche Bildung und Naturerlebnis der Bevölkerung“: Ein Nationalpark ist also ein Schutzgebiet, das hauptsächlich zum Schutz von Ökosystemen und zu Naturbildungs- und Erholungszwecken der Bevölkerung eingerichtet wird.

Um eine weltweite Vereinheitlichung der Nationalpark-Standards bemüht sich die IUCN (International Union für Conservation of Nature), eine von der UNO geförderte Organisation, der auch alle EU-Staaten angehören. Die deutsche Übersetzung der „Richtlinien für die Anwendung der IUCN-Managementkategorien für Schutzgebiete“ erschien im Februar 2010 von EUROPARC Deutschland e.V. in Berlin. Danach ist das vorrangige Ziel eines Nationalparks (Schutzgebietskategorie II nach IUCN) der

„Schutz der natürlichen biologischen Vielfalt zusammen mit der ihr zugrunde liegenden ökologischen Struktur und den unterstützenden ökologischen Prozessen sowie Förderung von Bildung und Erholung“.

Nach den Richtlinien der IUCN gilt die sogenannte 75%-Regel, dass nämlich dieses vorrangige Ziel für mindestens drei Viertel der Fläche gelten soll.

Für einen Nationalpark bedeutet dies eine Zonierung in eine

Kernzone (Flächenanteil mind. 75%) mit möglichst ungestörtem Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik (Prozessschutz; also keine menschliche Beeinflussung wie Forstwirtschaft etc.) und eine

Pflegezone (Flächenanteil max. 25%), in der Maßnahmen stattfinden können, die einem Schutzzweck dienen, wie z.B. Schaffung und Wiederherstellung von Habitaten, Schutz bestimmter Arten, Erhalt abwechslungsreicher Strukturen oder traditioneller, nachhaltiger Formen der Landnutzung (z.B. Almweide).

Zusammengefasst bedeutet dies für die Erklärung eines Gebietes zum Nationalpark, dass gemäß der nationalen Gesetzgebung die Kernzone mindestens 51 % der Gesamtfläche umfassen muss, dass aber für die anzustrebende internationale Anerkennung die 75 %-Regel einzuhalten ist; für die Erreichung dieses Ziels räumt die IUCN in der Regel eine Frist von 30 Jahren ein ab Festsetzung des Schutzgebietes.

Für die Kernzone gilt also „Natur Natur sein lassen“. Die beiden bayerischen Nationalparke Bayerischer Wald (1970) und Berchtesgaden (1978) sind international anerkannt von der IUCN; ihre derzeitigen Kernzonenanteile betragen 53 % bzw. 66,6 %.

 

Quellenangaben:

  • Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Messerschmidt (2010): Naturschutzrecht in Bayern. 30. Aktualisierung, Stand: Juni 2010. Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm.
  • EUROPARC Deutschland (2010): Richtlinien für die Anwendung der IUCN-Managementkategorien für Schutzgebiete. Website: www.europarc-deutschland.de