Nationalpark Ammergebirge?

Ein Förderverein engagiert sich seit Jahren für die Verwirklichung der Idee – nun organisieren sich die Gegner. Diese sehen den Bergwald in Gefahr                                                                           Von Katharina Müller
Die Diskussion ist nicht neu, die Ausgangssituation aber sehr wohl. Seit klar ist, dass es einen dritten Nationalpark in Bayern geben soll, wittern die Befürworter ihre Chance, das Ammergebirge als Standort durchzusetzen. „Die Diskussion hat jetzt einen anderen Stellenwert“, sagt der Füssener Forstdirektor Robert Berchtold, der zu den Gegnern gehört. Seit Jahren setzt er sich ebenso wie zahlreiche Gemeinden und Waldbesitzer gegen einen Nationalpark im Ammergebirge ein. Um diesen Widerstand zu bündeln, soll jetzt ein Verein gegründet werden, sagt Berchtold. So entsteht ein Pendant zum Förderverein Nationalpark Ammergebirge, der 2011 ins Leben gerufen wurde. „Wir hoffen natürlich, dass unser Gebietsvorschlag (siehe Grafik) in die engere Auswahl kommt“, sagt dessen Vorsitzender Hubert Endhardt.
„Wir sind strikt dagegen“, sagt Halblechs Bürgermeister Johann Gschwill auf Nachfrage. Er und sein Schwangauer Amtskollege Stefan Rinke sind überzeugt davon, dass das Ammergebirge als Naturschutzgebiet bereits ausreichend geschützt ist. „Ein Standort in Franken mit einer völlig anderen Biosphäre erscheint konsequent“, findet Rinke.
Den heftigen Gegenwind ist Endhardt seit Jahren gewohnt. Trotzdem ließen sich er und seine Vereinskollegen nicht von ihrem Ziel abbringen. Sie seien überzeugt, dass es in der Bevölkerung eine „noch schweigende Zustimmung gibt“, sagt Endhardt. „Ich gebe uns eine 50:50-Chance.“ Dass die Idee am massiven Widerstand, wie im Steigerwald, scheitern könnte, glaubt er nicht unbedingt: „Auch im Spessart gibt es zum Beispiel viele Gegner.“
Für die Auswahl des Standortes wünscht sich Endhardt, dass sich das Umweltministerium an fachlichen Grundsätzen orientiert. Gerade aus fachlicher Sicht würde aber laut Berchtold alles gegen einen Nationalpark Ammergebirge sprechen. Da wäre etwa die Gefahr des Borkenkäfers, der im Nationalpark Bayerischer Wald großen Schaden angerichtet hat. Trotz Schutzzonen stelle das ein Risiko für angrenzende Privatwälder dar. Dieses Problem erkennt auch Endhardt an. Es gebe aber einen Borkenkäfer-Managementplan, sagt er. Sogenannte Pufferzonen würden von April bis September wöchentlich begangen, so dass eine schnelle Reaktion möglich sei – „schneller als in manchen Privatwäldern.“ Weitere Probleme sieht Berchtold durch das Verbot der Jagd im Nationalpark. Ohne Regulierung sei das Thema Waldverjüngung bald hinfällig, da das Wild alles „kurz und klein frisst“. Laut Endhardt ist das Jagen aber nur im Kerngebiet, in dem eine Wildnis entstehen soll, verboten. Im restlichen Wald werde Schalenwild weiterhin gejagt.
Auch Berchtolds Argument, dass künftig Holz importiert werden müsse, weil im Nationalpark keine Bäume mehr geschlagen werden, sei falsch, sagt Endhardt. Zum einen dürfte in den Pufferzonen weiterhin geholzt werden und zum anderen sei der Ertrag im Ammergebirge ohnehin gering. Endhardt stellt zudem die Aussage in Frage, dass der Schutz des Ammergebirges durch den Status als Naturschutzgebiet bereits ausreiche. Wie man am Beispiel Riedberger Horn sehe, sei eine Genehmigung von „nicht passenden Nutzungen“ in einem Naturschutzgebiet nicht ausgeschlossen. Im Nationalpark sei der Schutz höher.
Ein Zugewinn von Touristen, den das Umweltministerium als Vorteil für einen Nationalpark vorbringt, ist für Endhardt zwar kein vorrangiges Argument. Zumindest sehe er aber das Potenzial, noch mehr naturbewusste Touristen in die Region zu locken, die eventuell an längeren Aufenthalten interessiert seien. Berchtold weist hingegen darauf hin, dass die Infrastruktur im Füssener Land bereits jetzt am Limit sei. Auch erfülle ein Gebirgswald eine Schutzfunktion, die durch menschliche Pflege gesichert werden müsse, sagt Berchtold. Dies würde laut Endhardt in Bereichen, in denen ein Objektschutz erforderlich ist, auch im Nationalpark weiterhin gemacht werden. In der Wildniszone allerdings nicht mehr.
Eine Vorauswahl für einen möglichen Standort könnte das Umweltministerium bis Ende des Jahres bekannt geben, schätzt Endhardt. Er hoffe, dass ein offenes Verfahren stattfindet, in das die Bevölkerung mit einbezogen wird.

(mit freundlicher Genehmigung durch die Allgäuer Zeitung)